Erläuterungen zu ›Kaff auch Mare Crisium‹

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Der Kommentar besitzt aktuell 432 Einträge. Die letzte Änderung erfolgte am 17. Januar 2023.

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210.19
Und wie unsäglich albern Goethes MÄDCHEN VON OBERKIRCH! : dafür hatte der Mann keinerlei Verschtäntnis gehabt; (‹Marat› erwähnt er auch nur in der ‹Farbenlehre›.)

›Das Mädchen von Oberkirch‹ ist ein Fragment eines Trauerspiels in fünf Akten, das zur Zeit der französischen Revolution spielt. Bei Schmidts ›Notizzettel zu »Lilienthal 1801«‹ – s. dazu ›Kaff‹ und ›Lilienthal 1801‹ – findet sich der Eintrag (BA Sup 1, S. 89)

Goethe ›Mädchen von Oberkirch‹ bei Bielschowski II, 49 f. und 689

Gemeint ist Albert Bielschowskys (1847–1902) zweibändiges Werk ›Goethe. Sein Leben und seine Werke‹. Auf S. 49 des zweiten Bandes findet sich eine Kritik und knappe Wiedergabe der Handlung:

Aber indem er nur bescheidene Persönlichkeiten zu Opfern der Revolution machte und auch auf der Gegenseite nicht die Führer, sondern untergeordnete Elemente in den Vordergrund stellte, zudem höhere politische Motive aus der Fortbewegung der Handlung ausschloß, nahm er auch diesem Stück den packenden historischen Zug. Es wurde eine Familientragödie, die uns im Innersten ergreifen, aber nicht den Hauch großer, wenn auch gräßlicher, Ereignisse zuwehen kann.

Auf S. 687 (nicht: 689) fügt Bielschowsky als Anmerkung ein Zitat aus dem ›Revolutions-Almanach 1795‹ an.

In den ›Materialien zur Geschichte der Farbenlehre‹ setzt sich Goethe mit Marats Schriften zum Feuer und zum Licht auseinander.

210.25
Hin=Flääzn; und im VATERHAUS blättern. –: ‹Anny von Panhuys› & Robert Kraft; mein, was ne Firma! –

Am 13. Oktober 1959 – also kurz vor Beginn der Niederschrift des Romans – schickte Herta Bläschke ein Angebot der illustrierten Romanzeitschrift ›Das Vaterhaus‹ an Schmidt und notierte zum Inhalt (BHW, S. 200):

Karl May, Die Familie Adlerhorst [/] Robert Kraft, Jenseits von Gut u. Böse [/] Panhuys, Die Namenlose

Schmidt kaufte den Band (BVZ 481.39). Anny von Panhuys – die im sonstigen Werk Schmidts nicht auftaucht – wird auch auf S. 43 erwähnt.

210.34
n ‹Landwirtschafts=Lecksieconn›? Von 1888.

In Arno Schmidts Bibliothek findet sich folgender Titel (BVZ 1021):

Illustriertes Landwirtschafts-Lexikon. Hrsg. von Guido Krafft. 2. umgearb. Auflage. Mit 1172 in den Text gedruckten Holzschnitten. Berlin, Verlag von Paul Parey, 1888.

211.7
Was die ‹rechzgerichtete Aurore› geschriebm hat, von der demnächst los=gehenden Sahara=Bommbe?

Die frz. Tageszeitung ›L’Aurore‹ (1897–1916; Eigentümer und Herausgeber: Georges Clemenceau) war eine liberal-sozialistische Publikation, in der 1898 Zolas ›J'Accuse…!‹ erschien.

211.15
(‹Hiero=Glüüfen wandten Falken=Köpfe›, hatt’ich ma irgendwo gelesen; bei einem Schwätzer im Höheren Ton).

Nämlich in Arno Schmidts ›Gadir‹ (BA I, 1, S. 66):

Eingelassen in die Wände waren hohe Tafeln aus mildfarbigem Schmuckgestein, schriftzeichenüberlaufen, aramäisch, chaldäisch, persisch, Hieroglyphen wandten Falkenköpfe, […]

211.19
Potz Tiglath=Pieleeser & Sall=Mannassar

»Tiglat-pileser« ist die deutsche Übersetzung eines akkadischen Königsnamens; »Salmanassar« der Name assyrischer Könige.

212.13
Wenn das Gesäß auch näßt, Lache Bajjatzo!

Anspielung auf die Schlussarie des ersten Aktes der Oper ›Der Bajazzo‹ von Leoncavallo:

Jetzt spielen! Wo mich Wahnsinn umkrallet!
Ich weiß nicht mehr, was ich sage und was ich tue!
Doch ich muß mich zusammennehmen!
Bah! Bist du nicht ein Mann!
Du bist Bajazzo!
Hüll dich in Tand nur.
Die Leute zahlen und wollen lachen hier.
Und wenn dir Harlekin die Colombine raubt,
lache, Bajazzo, und jeder applaudiert!
Verwandle in Witze die Schmerzen
und die Tränen, und Weh!
Lache, Bajazzo, über die zerbrochene Liebe.
Lache über den Schmerz, der das Herz dir vergiftet.

212.25
Kitschkitschkitsch=u=hund=kitsch

Anspielung auf das bekannte Handwerksgesellenlied:

Es, es, es und es,
es ist ein harter Schluß

212.31
‹Krabbel=Brief›

Anspielung auf Karl Mays ›Frau Pollmer‹ (S. 882):

So erhielt ich auf mehrere sehr ernste Briefe und Depeschen eines Tages den sogenannten »Krabbelbrief«, in dem sie [= Emma Pollmer] mir mittheilte, daß der Geist Münchmeyers alltäglich des Nachts zu ihr in das Bett komme, um sie an den Geschlechtstheilen zu »krabbeln« und dann Begattung mit ihr zu treiben.

213.1
Und wenn den Herren vom May=Verlag mal’n Band des GOEDEKE in die emmsijn Hände fiele […] zu der ‹vorliegndn Geschtallt› konnte man ja nur den Kopf schütteln!).

»GOEDEKE« ist Karl Goedekes (1814–1887) bio-bibliographisches Werk ›Grundriß zur Geschichte der deutschen Dichtung aus den Quellen‹. Gemeint ist hier die Karl-May-Bibliographie im 1958 neu aufgelegten Band ›»ICH«. Karl Mays Leben und Werk‹ (Bd. 34 der ›Gesammelten Werke‹ Karl Mays), den Schmidt von Wollschläger bekommen hatte (BVZ 481.5). Am 29./30. Dezember 1958 schrieb Schmidt an Wollschläger (BHW, S. 93):

Die neue Bibliografie ist – obwohl nicht ganz so elend, wie die frühere – doch wieder nur, nicht einmal Halb- sondern Viertels-Arbeit; man sollte diesen Leuten tatsächlich einmal einen Band des Goedeke leihen, damit sie lernen, was der Benutzer von einem Bibliografen verlangen kann!

Ähnlich auch in seiner Rezension des Bandes (›Profil von Links‹, BA III, 3, S. 489):

Bezüglich der ‹Bibliografie› wäre es sehnlichst zu wünschen, daß der betreffende Bearbeiter einmal über einen Band des ‹Goedeke› geriete, damit er endlich sähe, wie man so etwas macht.

213.8
wie da, als zusätzlich verfälschend=irreführendes Element, Motief=Übernahme aus dem uralt=himmelschtinkndn WEG ZUM GLÜCK schtattgefundn hatte

Der ›Weg zum Glück‹ ist einer von fünf umfangreichen Kolportageromanen, die Karl May für Münchmeyer geschrieben hat. – Am 27. August 1959 schrieb Schmidt an Wollschläger (BHW, S. 188):

Den WEG stellen Sie doch nur an die Spitze der Münchmeyerei, weil darin soviel gesungen wird, Wagner vorkommt, und – last not least – der Alte einiges in den späten SILBERLÖWEN ÜBERNOMMEN hat (›übernommen‹ natürlich ›klein‹ zu lesen): das Siegeln mit der Münze / die Köchinnen=Szene / das ›Herr-ich-trete‹ / (und der ›Appe= Trinketit‹ ist dann in WEIHNACHT erschienen) / usw.

213.9
Motief=Übernahme aus dem uralt=himmelschtinkndn WEG ZUM GLÜCK

Vgl. den Brief an Wollschläger vom 27. August 1959 (BHW, S. 188):

Den WEG stellen Sie doch nur an die Spitze der Münchmeyerei, weil darin soviel gesungen wird, Wagner vorkommt, und – last not least – der Alte einiges in den späten SILBERLÖWEN ÜBERNOMMEN hat (›übernommen‹ natürlich ›klein‹ zu lesen): das Siegeln mit der Münze / die Köchinnen-Szene / das ›Herr-ich-trete‹ / (und der ›Appe- Trinketit‹ ist dann in WEIHNACHT erschienen) / usw.

213.22
da war’s ja schonn wieder Weihnachtn!

Gemeint ist Mays Roman ›»Weihnacht!«‹.

213.26
allso karpe die Emm jetz

Verballhornung der lateinischen Sentenz »carpe diem« (»Nutze den Tag«), die aus einer Ode des Horaz stammt.

214.36
‹Pöme Fennichsschtück›: Pomes Penyeach

Anspielung auf die Gedichtsammlung ›Pomes Penyeach‹ von James Joyce; die Übersetzung ›Pöme Fennichsstück‹ wählte Schmidt auch bei Stanislaus Joyces ›Meines Bruders Hüter‹, an dessen Übersetzung er von März bis Oktober 1959 gearbeitet hat.

216.11
‹Ohseelich 1 Kinnt noch zu seyn›

Zitat aus Lortzings Oper ›Zar und Zimmermann‹ (1837) (3. Akt, 5. Auftritt, Nr. 14, ›Lied des Zaren‹):

Sonst spielt' ich mit Zepter, mit Krone und Stern;
Das Schwert schon als Kind, ach, ich schwang es so gern!
Gespielen und Diener bedrohte mein Blick;
Froh kehrt' ich zum Schoße des Vaters zurück.
Und liebkosend sprach er: Lieb Knabe, bist mein!
O selig, o selig, ein Kind noch zu sein!

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